Betreiberplattform bei der ReBuild Ukraine 2025

In diesem Jahr nahm die Betreiberplatform erneut an der ReBuild Ukraine Konferenz in Warschau teil, begleitet von mehreren deutschen und ukrainischen kommunalen Unternehmen, die sich an Solidaritätsbetreiberpartnerschaften beteiligen. Die Delegation trug sowohl zu den Hauptevents als auch zu dem zuvor stattfindenden trilateralen Workshop zur Tarifgestaltung im Wasser- und Abwassersektor bei.

Trilateraler Workshop über die Festsetzung von Tarifen im Wasser- und Abwassersektor

Im Rahmen der ReBuild Ukraine Conference veranstaltete der Verband Kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) am 12. November 2025 gemeinsam mit der Polnischen Kammer für Wasserwirtschaft (IGWP) und dem Verband Ukrainischer Wasserversorgungsunternehmen (Ukrovodokanalekologiya) einen trilateralen Workshop. Mit Unterstützung von KommuNe, Felicity II und der Utility Platform, drei Programmen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), brachte die Veranstaltung Expert*innen und Entscheidungsträger*innen aus Politik, öffentlicher Verwaltung und kommunaler Praxis zusammen, darunter Vertreter*innen von Regulierungsbehörden, Ministerien und Versorgungsunternehmen aus allen drei Ländern.

Präsentation der Ergebnisse des trilateralen Workshops auf dem Water Recovery Forum | Foto: Premier Expo

Tarife als Schlüssel zu zukunftssicheren öffentlichen Dienstleistungen 

In ihren Eröffnungsreden betonten Paweł Sikorski, Thomas Abel und Dmytro Novytskyi, dass die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung als zentrale öffentliche Dienstleistungen eine zuverlässige Finanzierung und daher angemessene Tarifstrukturen erfordern. Thomas Abel hob hervor, dass der deutsche Wassersektor in den nächsten 20 Jahren seine Investitionen deutlich erhöhen wird, um Instandhaltung, Modernisierung, Klimaanpassung und Resilienz sicherzustellen: Bemühungen, die politische und öffentliche Unterstützung erfordern. Dmytro Novytskyi wies auf die besondere Situation der Ukraine hin: Unter Kriegsbedingungen ist es eine große Herausforderung, Tarife zu gestalten, die sowohl kostendeckend als auch sozialverträglich sind, insbesondere ohne das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gefährden.

Vergleich nationaler Modelle

In einer Podiumsdiskussion stellten Expert*innen aus Polen, Deutschland und der Ukraine ihre jeweiligen Regulierungs- und Tarifsysteme vor.

In Polen prüft seit 2018 eine zentrale Regulierungsbehörde Tarifanträge auf der Grundlage der letzten drei Geschäftsjahre. Ziel ist eine vollständige Kostendeckung bei gleichzeitiger Transparenz für die Verbraucher*innen. Eine bevorstehende Gesetzesänderung könnte dazu führen, dass mehr Entscheidungsbefugnisse an die Kommunen zurückgegeben werden.

Dr. Annkathrin Griesbach (VKU) erläuterte die föderale Vielfalt des deutschen Systems. Während die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu den obligatorischen kommunalen Aufgaben gehören, variieren die rechtlichen Rahmenbedingungen und Tarifarten von Bundesland zu Bundesland erheblich. Das Kostendeckungsprinzip stellt sicher, dass die Gebühren die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen.

Die Ukraine betreibt derzeit ein zentralisiertes System, das reformiert werden muss, um mehr Flexibilität und eine bessere Angleichung an europäische Grundsätze zu ermöglichen. Laut Artem Chumak (NEURC) decken die Tarife derzeit nur etwa 70 % der tatsächlichen Kosten. Schrittweise Anpassungen, eine verbesserte Datenerfassung und Benchmarking-Verfahren sollen zu einer größeren wirtschaftlichen Nachhaltigkeit und einer besseren Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen.

Oksana Oliynyk (GIZ) als Moderatorin des trilateralen Workshops | Foto: Jule Kemper (GIZ)

Vertrauen, Transparenz und Beteiligung als Erfolgsfaktoren 

In den anschließenden Podiumsdiskussionen und Workshops diskutierten die Teilnehmende praktische Beispiele und Lösungsansätze. Piotr Ziętara (Geschäftsführer der Krakauer Wasserwerke) zeigte gemeinsam mit Vertretern der Stadtentwässerungsbetriebe Köln und der Stadtentwässerung Dresden, dass transparente Prozesse und regelmäßige, moderate Tarifanpassungen dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken.

Die Teilnehmenden arbeiteten in Gruppen an Themen wie Tarifberechnung, soziale Verträglichkeit und Einbindung der Bevölkerung. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die Frage, wie klare Kommunikation, Datenvergleiche (Benchmarking) und kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit das Vertrauen in den Sektor stärken können.

Dmytro Vankovych, Direktor von Lvivvodokanal, bot eine inspirierende Perspektive zur Stärkung des Vertrauens zwischen Versorgungsunternehmen und Bürger*innen:

„Wir müssen in unabhängiges Fachwissen investieren, das das Vertrauen der Verbraucher*innen stärkt. Heute zahlen die Einwohner*innen von Lwiw monatlich einen Betrag, der drei Tassen Kaffee entspricht, für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Wenn wir nicht nur die Betriebskosten decken, sondern auch Mittel für die Modernisierung der Infrastruktur haben wollen, müssen wir diesen Betrag verdoppeln. Das ist für die Verbraucher*innen eine absolut erschwingliche Gebühr, aber unsere Hauptaufgabe besteht darin, den Bürger*innen die Bedeutung dieses Schrittes zu vermitteln.“

Besuch der ReBuild Ukraine Ausstellung

Mehr als 700 globale Aussteller*innen nutzten die internationale, baubezogene Fachkonferenz, um Lösungen und Technologien vorzustellen, die für den Wiederaufbau der Ukraine relevant sind. Neben internationalen Unternehmen aus den Bereichen Infrastruktur, Energie und Umwelt präsentierten auch wichtige strategische Partner*innen sowie Länder, die den Wiederaufbau der Ukraine unterstützen, ihre Aktivitäten.

Mehrere deutsche und ukrainische kommunale Unternehmen, die an Solidaritätsbetreiberpartnerschaften beteiligt sind, nutzten die Gelegenheit, um vor Ort technische Lösungen für ihre Infrastrukturbedarfe zu erkunden, z. B. bei Hydro Vacuum und Diehl Metering.

Water Recovery Forum 

Das Water Recovery Forum, das von dem Ukrainischen Wasserverband (Ukrovodokanalekologiya) am 14. November 2025 im Rahmen von ReBuild Ukraine organisiert wurde, diente erneut als zentrale Plattform, die die Regierungen der Ukraine und der EU, Versorgungsunternehmen, Geberorganisationen und internationale Partner vereint. Das Forum verfolgt das Ziel, Entscheidungen zur Wiederherstellung, Modernisierung und langfristigen Resilienz der ukrainischen Wassersysteme in voller Übereinstimmung mit europäischen Standards und den heutigen, sich wandelnden Herausforderungen zu gestalten.

Deutsche und ukrainische kommunale Unternehmen, die bei der Betreiberplatform aktiv sind, auf dem Water Recovery Forum | Foto: Anastasiia Kahlow (GIZ)

Ein breites Spektrum an Sprecher*innen diskutierte über den Weg der Ukraine hin zur EU-Integration mit einem starken Fokus auf Wassertarife, Governance, die Wiederherstellung urbaner lebenswichtiger Systeme sowie die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.

Nicholas Osbert, Leiter des WASH-Programms von UNICEF Ukraine, erinnerte die Teilnehmenden daran, dass die russischen Angriffe auf die Infrastruktur weiter zunehmen. Während Angriffe auf das Energienetz häufig die öffentliche Aufmerksamkeit dominieren, werden Wasser- und Abwassersysteme ebenso häufig getroffen. Daher besteht eine dringende Notwendigkeit für kontinuierliche Wiederherstellungsmaßnahmen sowie für eine langfristige Planung, um den Ausbau von Wasser- und Abwasserinfrastruktur im ukrainischen Kontext nach dem Krieg voranzutreiben. Er wies außerdem darauf hin, dass die kommunalen Wassertarife derzeit kaum mehr als die Betriebskosten decken und keine Modernisierung der Systeme finanzieren. Seiner Ansicht nach sind Tariferhöhungen möglich, ohne das soziale Recht der Bevölkerung auf sicheres Trinkwasser zu untergraben.

Alona Shkrum, Erste stellvertretende Ministerin für die Entwicklung von Gemeinden und Territorien der Ukraine, erklärte, dass die Ukraine, sobald Frieden erreicht ist, die Chance haben wird, den Wassersektor wieder aufzubauen und zu modernisieren. Kurzfristig sei jedoch eine Rapid Deployment Initiative (RDI) erforderlich, da Gemeinden in Grenznähe zu Russland dringend sauberes Wasser benötigen. Sie unterstrich das Ziel der Regierung, internationale Unterstützung zu gewinnen, um wirksame Lösungen zu entwickeln, die mit den EU-Wasserstandards im Einklang stehen. Sie verwies auf bevorstehende Gesetzesreformen, die darauf abzielen, die Governance-Strukturen im Wassersektor zu modernisieren und die Sanitärdienste zu dezentralisieren. Das Ministerium hat sich langfristige Ziele gesetzt: die technische Modernisierung der Abwasserbehandlungsanlagen bis 2034 sowie Verbesserungen in der Trinkwasserversorgung bis 2035.

Sprecher*innen Water Recovery Forum, u.a. Alona Shkrum (ganz rechts) and André Fabian (ganz links) | Foto: Premier Expo

André Fabian, Projektleiter von Felicity II bei der GIZ, schloss sich Osberts Hinweis auf die entscheidende Bedeutung von Wasser- und Abwassersystemen für die wirtschaftliche Erholung an. Er betonte zudem die Wichtigkeit einer starken öffentlichen Interessenvertretung, innovativer Ansätze, energieeffizienter Lösungen, der Integration erneuerbarer Energien sowie der Berücksichtigung von Klimaauswirkungen.

Anastasiia Kahlow, Beraterin bei der Betreiberplatform, stellte Betreiberpartnerschaften als wirkungsvolles Instrument der Entwicklungszusammenarbeit vor und hob die Solidaritätsbetreiberpartnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen kommunalen Unternehmen hervor. Diese Partnerschaften stärken die Kapazitäten ukrainischer Versorgungsunternehmen während des Krieges und unterstützen den Sektor auf seinem Weg zur europäischen Integration. Nach Kriegsende werden sie langfristig zum Wiederaufbau der Wasserwerke in der Ukraine beitragen – einschließlich Planung, Bau und nachhaltigem Betrieb neuer Einrichtungen.

Anastasiia Kahlow beim Water Recovery Forum | Foto: Sarah Walgern (GIZ)

Als Fallstudie stellten Kristin Michalek-Götz und Volodymyr Kuzma die Partnerschaft zwischen der Stadtentwässerung Dresden GmbH und Ternopil Vodokanal vor. Herr Kuzma, Direktor von Ternopil Vodokanal, hob die greifbaren Vorteile der Peer-to-Peer-Zusammenarbeit hervor:

„Die Mitarbeiter*innen des Wasserwerks sind das Fundament des Unternehmens. Für sie ist die Partnerschaft der Wasserbetriebe ein sehr wertvoller Bonus – durch kontinuierlichen Austausch und Besuche bei den deutschen Partnern sammeln sie neue Erfahrungen, die sie später im Unternehmen umsetzen und damit sowohl ihre eigenen Fähigkeiten als auch die Organisation als Ganzes stärken.“

Kristin Michalek-Götz und Volodymyr Kuzma beim Water Recovery Forum | Foto: Premier Expo

Zusammenfassung

Wir sind dankbar für die jährliche Organisation dieser wichtigen Veranstaltung, die zentrale Akteur*innen zusammenbringt, die sich der Wiederherstellung und dem Wiederaufbau des ukrainischen Wassersektors widmen. Die diesjährige Konferenz markierte zudem den Beginn einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den deutschen, polnischen und ukrainischen Verbänden, die den ukrainischen Wassersektor weiterhin auf seinem Weg zur Europäischen Union unterstützen wollen.

Gruppenfoto beim Water Recovery Forum | Foto: Premier Expo
Erstellt von:
Betreiberplattform
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Veranstaltungsberichte
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